Zwischen Himmel und Eis (La glace et le ciel)
Land/Jahr Frankreich 2015
Genre: Dokumentarfilm
Regie und Drehbuch: Luc Jacquet
Mitwirkende: Claude Lorius
Deutscher Sprecher: Max Moor
Laufzeit: 89 Minuten
FSK: Ohne Altersbeschränkung
Altersempfehlung: ab 14 Jahren
Themen:
Klimawandel, Forschung, Antarktis, Glaziologie, Ökologie, Technik/Neue Technologien, Wissenschaft und Verantwortung, Naturerfahrung
Unterrichtsfächer:
Geografie, Politik, Sozial- und Gemeinschaftskunde, Ethik, Religion, Philosophie, Deutsch, Physik, Chemie, Biologie
Inhalt des Films
In der Rückschau auf sein abwechslungsreiches Berufsleben erzählt der 82-jährige Glaziologe (Eisforscher) Claude Lorius von den Stationen seiner wissenschaftlichen Karriere. Als 23-jähriger Student bekommt er die Chance, an einer Antarktis-Expedition teilzunehmen – zu diesem Zeitpunkt – Mitte der 1950er Jahre ein einmaliges Abenteuer für einen jungen Mann.
Das, was Lorius dann erlebt, wird den weiteren Verlauf seines Lebens prägen: Eine entbehrungsreiche Reise durch Stürme, Eis und Schnee beginnt und bringt ihn an die Grenzen der körperlichen Belastbarkeit. Die Forschungsstation, in der Lorius zusammen mit zwei anderen jungen Wissenschaftlern den antarktischen Sommer bei durchschnittlich -25 Grad verbringen wird, ist eine Höhle, die man ins Eis gegraben und mit lebensnotwendigen Einrichtungsgegenständen ausgestattet hat. Trotzdem: Voller Euphorie stürzen sich Lorius und seine Kollegen in die Arbeit, sie führen Experimente und Messungen durch, genießen das einfache Leben in einer unendlichen Wüste aus Eis und werden erst Monate später wieder andere Menschen zu sehen bekommen.
Während dieser Reise wird aus dem Abenteurer ein Wissenschaftler, der bereits hier sein Lebensthema entdeckt: Die Erforschung des antarktischen Eispanzers. Dreitausend Meter hoch liegt das Eis auf dem Felssockel und verrät eine Menge über die Vergangenheit. Bohrt man in die Tiefe, trifft man auf immer ältere Eisschichten – ihre Isotopenzusammensetzung erlaubt die Rekonstruktion des Klimas über Hunderttausende von Jahren.
Lorius ist fasziniert von dem Gedanken, herauszufinden, was das Eis zu erzählen hat. In vielen weiteren Expeditionen ist er maßgeblich daran beteiligt, die heutigen modernen Instrumentarien zu entwickeln, durch die wir die Klimageschichte der Erde mittlerweile sehr genau kennen. Lorius wird zu einem anerkannten Forscher und übernimmt leitende Funktionen in französischen Wissenschaftseinrichtungen. Aber der junge Student hat aus der Antarktis noch etwas anderes mitgebracht: Respekt vor der Macht und der Verletzlichkeit einer einmaligen, einer schönen und manchmal entfesselten Natur. Seine Arbeit lässt Lorius demütig werden vor den großen Zeiträumen und den geologischen Kräften, denen gegenüber der einzelne Mensch nur ein Lufthauch ist.
Allerdings kommt Lorius bereits früh einem Verdacht auf die Spur – dass die industrialisierte Welt in der Natur Spuren hinterlässt und sie auf Dauer verändert. Die Erkenntnisse der Glaziologie liefern starke Indizien für einen von Menschen verursachten Klimawandel. Diese Einsichten und sein von Humanität angetriebenes Forscherethos lassen Lorius zu einem politischen Wissenschaftler werden: Zwischen seinen Forschungsreisen tritt er in den Medien auf und appelliert an die Politik, die Hinweise auf die Veränderungen des Klimas ernst zu nehmen.
Und so steht der 82jährige nun wieder in der Antarktis und blickt auf das schwindende Eis. Er studiert die schrumpfenden Gletscher und den steigenden Meeresspiegel. All dies ist Teil einer Entwicklung, die von der Wissenschaft vorhergesagt wurde. Lorius ist dankbar für die vielfältigen Erfahrungen und Erlebnisse in seinem Leben, aber auch nachdenklich und voller Sorge beim Blick in die Zukunft. Das Ziel lautet: Das Überleben der Menschen sichern. Lorius hat erfahren, dass man als Einzelner im Leben große Herausforderungen bewältigen kann – und er glaubt, dass den Menschen dies auch im großen Maßstab gelingen wird.
Filmische Realisierung
ZWISCHEN HIMMEL UND EIS beginnt in der Gegenwart: Ein alter Mann in einer kargen Landschaft. Der freundliche Blick des Mannes schafft Vertrauen, und so begibt man sich gerne in die Hand dieses klugen Erzählers. Der Film visualisiert das Zusammenspiel von Mensch und Natur in eindrucksvollen Landschaftsbildern, in denen Lorius symbolträchtig über tauende Gletscher schreitet, im steigenden Meerwasser steht oder durch die Überreste eines niedergebrannten Waldes streift.
Aus dieser Gegenwartsebene heraus beginnt Lorius mit der Erzählung seiner Forschergeschichte, die unterlegt ist mit historischen Filmaufnahmen; viele davon dürften von ihm selbst stammen. Man sieht Männer, die sich mit primitivem Gerät durch Eisstürme quälen, die filigrane Messstationen errichten, die in ihrer Forschungshöhle sitzen und mit einem Glas Rotwein und einem selbst gekochten Essen so etwas wie Behaglichkeit hervorbringen. Die dokumentarischen Aufnahmen lassen die Zuschauer/ innen teilhaben an der Aufbruchsstimmung einer noch jungen Wissenschaft, die von jungen Menschen vorangetrieben wurde. Sie zeigen auch die Verläufe und Krisen späterer Forschungsexpeditionen, zunehmende Komplexität der Experimentiermethoden und wachsenden technischen Aufwand. Während die Rückblenden immer näher an die Gegenwart rücken, wird auch die Erkenntnis immer klarer: Die Forschungsergebnisse sprechen dafür, dass ein von Menschen verursachter Klimawandel längst im Gange ist.
Zwischendurch kehrt der Film immer wieder in die Gegenwartsebene zurück. Er zeigt Lorius und lässt die Zuschauer/innen an seinen Reflexionen teilhaben. Es sind Gedanken über die Rolle des Menschen auf der Erde, über die Wunder der Natur, über wissenschaftliche Erfolge und Zweifel an der Handlungsfähigkeit des Menschen insgesamt. An den Übergängen zwischen den Erzählebenen spielt der Film auf raffinierte Weise mit den verschiedenen Zeitebenen. Er bietet symbolisch aufgeladene, aber nie aufdringliche Bilder an und hält eine Balance zwischen Problemorientierung und dem Schwelgen in grandiosen Landschaftsaufnahmen.