„Die Meere vertragen nicht alles, was man mit ihnen macht.“
Herr Haeckel, was fasziniert Sie am Meer?
Die Ozeane sind interessant, weil sie sehr wichtig sind für das Klima. Sie nehmen zum Beispiel eine ganze Menge von dem Kohlendioxid auf, das Menschen beim Heizen, Autofahren oder durch den Flugverkehr in die Atmosphäre blasen.
Was mögen Sie an Ihrer Arbeit?
Als Forscher habe ich das Glück, dass ich oft mein eigener Chef bin und selbst entscheiden kann, wie ich vorgehe.
Gibt es auch etwas, das sie nicht mögen?
Ja: Verwaltungskram. Aber die eigentliche Forschung mag ich sehr – vor allem, weil es noch so viel zu entdecken gibt. Die Ozeane bedecken fast drei Viertel unserer Erde, aber wir wissen noch viel zu wenig über sie.
Stimmt es, dass die Ozeane noch weniger erforscht sind als der Mond?
Ach, ich weiß nicht, ob man das so allgemein sagen kann. Aber auf jeden Fall stehen uns noch viele spannende Entdeckungen bevor. Letztes Jahr haben wir in der Tiefsee Untersuchungen durchgeführt, ungefähr in 4.000 Meter Tiefe. Und es war so, dass wir mit jeder Probe einige Tierarten hochgeholt haben, die vorher noch nie jemand beschrieben hatte.
Gibt es bei solchen Expeditionen auch manchmal gefährliche Situationen?
In Regionen, wo Piraten unterwegs sind, war ich zum Glück noch nicht. Aber wir arbeiten weltweit – ich war schon im Atlantik und im Pazifik, vor Japan, Taiwan und Neuseeland. Oder auf der anderen Seite, vor Chile und Costa Rica. Wo ich noch nicht war, aber gerne mal hinfahren würde, ist die Antarktis.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Meeresforscher zu werden?
Das war Zufall. Ich bin eigentlich Chemiker und habe mich mit Mikrowellenspektroskopie beschäftigt.
Das klingt kompliziert …
… Ja, aber Mikrowellen kennt ja fast jeder aus dem Haushalt. Man kann die Technik benutzen, um Temperaturen in großer Entfernung zu messen, im Weltraum, auf anderen Sternen und Galaxien. Ich wollte dann etwas machen, was mit praktischen Problemen zu tun hat, und kam zum GEOMAR, weil die jemanden suchten, der etwas von Mathematik und Chemie versteht.
Und auf welche praktischen Probleme sind Sie dann gestoßen?
In meiner Doktorarbeit ging es um die Auswirkungen von Tiefseebergbau. Das ist zwanzig Jahre her, aber das Thema ist gerade wieder aktuell. Und jetzt, als erfahrener Wissenschaftler, habe ich die Aufgabe, ein ganzes Forschungsprojekt hierzu zu koordinieren.
Herr Haeckel, was fasziniert Sie am Meer?
Die Ozeane sind interessant, weil sie sehr wichtig sind für das Klima. Sie nehmen zum Beispiel eine ganze Menge von dem Kohlendioxid auf, das Menschen beim Heizen, Autofahren oder durch den Flugverkehr in die Atmosphäre blasen.
Was mögen Sie an Ihrer Arbeit?
Als Forscher habe ich das Glück, dass ich oft mein eigener Chef bin und selbst entscheiden kann, wie ich vorgehe.
Gibt es auch etwas, das sie nicht mögen?
Ja: Verwaltungskram. Aber die eigentliche Forschung mag ich sehr – vor allem, weil es noch so viel zu entdecken gibt. Die Ozeane bedecken fast drei Viertel unserer Erde, aber wir wissen noch viel zu wenig über sie.
Um welche Art von Bergbau geht es da?
Wissen Sie, was Manganknollen sind?
Nicht wirklich …
Das sind Klumpen, die so ein bisschen aussehenwie ein Blumenkohl. Die enthalten verschiedene wertvolle Metalle, die man für alles Mögliche verwenden kann. Und immer, wenn die Rohstoffpreise hoch sind, kommen dieLeute auf die Idee, dass sie doch auch mal diese Manganknollen ernten könnten, auch wenn mandie aus 5.000 Meter Tiefe im Ozean holen muss. Inzwischen weiß man zum Beispiel, dass es vondiesen Manganknollen im Nordpazifik sehr viele gibt, in einem Gebiet, das ungefähr halb so groß ist wie Europa.
Und wo liegen die Probleme, wenn man diese Knollen abbaut?
Man muss dazu die oberen zehn Zentimeter des Meeresbodens abtragen. Und zwar auf großen Flächen, weil die Manganknollen nur in diesem oberen Bereich des Meeresbodens vorkommen. Das ist aber auch genau die Schicht, in der die meisten Lebewesen vorkommen. Und wir versuchen jetzt herauszubekommen, auf wie viele Jahrzehnte, Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende das Ökosystem am Meeresboden geschädigt würde. Wir wissen auch gar nicht, ob man den Lebensraum nur dort zerstören würde, wo man den Meeresboden wegnimmt, oder auch außen herum auf einer noch größeren Fläche.
Das scheint kompliziert zu sein.
Richtig – wir versuchen, das System Erde andieser Stelle zu verstehen, und dazu arbeitenviele verschiedene Fachwissenschaftlerzusammen: Biologen, Chemiker, Geologen,Ozeanographen. Das ist auch das, was micham meisten fasziniert: Dass ich nicht nur alsChemiker in meinem kleinen Bereich arbeite,sondern dass wir am Ende die verschiedenen Informationen zusammenfügen müssen.
Kann Ihre Arbeit denn tatsächlich dazubeitragen, den großflächigen Abbau derManganknollen zu begrenzen?
Das hoffen wir. Es gibt eine internationale Meeresbodenbehörde, die die Regeln für den Bergbau in der Tiefsee aufstellen muss. Die bekommen von uns viele Hinweise, und auch mit der Industrie reden wir. Die Unternehmen haben in den letzten Jahren dazugelernt und wollen vermeiden, am Ende als große Umweltzerstörer zu gelten. Es gefällt mir an meiner Arbeit, dass wir unsere Ergebnisse teilen können und sehen, dass sie an der einen oder anderen Stelle auch berücksichtigt werden.
Machen Sie sich insgesamt große Sorgen um Meere und Ozeane?
Die Meere vertragen nicht alles, was man mit ihnen macht. Der Mensch greift so stark in diese Systeme ein, dass er sie komplett verändern kann. Forschung ist heute sehr wichtig, um zu verstehen, wie weit der Mensch dabei gehen darf. Oder auch, um zu verstehen, was man tun kann, damit sich die Meere von Schäden erholen können.
Das Meer steht ja im Mittelpunkt Ihrer Arbeit. Fahren Sie im Urlaub auch ans Meer oder lieber in die Berge?
Ich bin gerne am Meer. Mich entspannt das,einfach aufs Wasser zu gucken und vor mich hinzu träumen. Das Meer ist ein großer Teil vonmeinem Leben und ich fühle mich da wohl.
Bilder von einer Expedition im Pazifik
Tief unten auf dem Meeresboden liegen wertvolle Rohstoffe, praktisch verpackt in sogenannten Manganknollen. Aber was passiert mit dem Ozean, wenn man diese Manganknollen mit großen Maschinen einsammeln würde? Wird das empfindliche Leben auf dem Meeresgrund auf Dauer zerstört? Forscher vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Meeresforschung wollen mehr darüber wissen:
Aufgaben
- Lest das Interview mit Matthias Haeckel und markiert Stellen, die ihr nicht versteht. Tauscht euch dazu aus.
- Was findet der Forscher an seiner Arbeit interessant?
- Beschreibt, was Manganknollen sind. Warum beschäftigt sich Matthias Haeckel damit?